Die Begriffe Stoffstromführung und Konzentrationsführung können leicht verwechselt werden. Am einfachsten fällt die Unterscheidung, wenn man sich merkt: "Konzentrationsführung in homogenen, bzw. pseudohomogenen Systemen mit 'Charakteristikum Bulk Reaktion' (Lösungen, Emulsionen, Suspensionen etc., - wobei 'alles reagiert')" ; "Stoffstromführung in heterogenen Sytemen mit 'Charakteristikum Grenzflächenreaktion' (Fluid wird an festem Katalysator vorbeigeführt (Oberflächenreaktion), Fluid-/Fluid-Reaktionen - z.B. Extraktiv-Reaktionen -,Gas-/Flüssigkeitsreaktionen an Blasen-, Film- oder Tropfen-Oberflächen u.v.a.)"
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Tennisball-Rösten im Gleichstrom
Tennisball-Rösten im Gegenstrom
Tennisball-Rösten im Kreuzstrom
mit freundlicher Genehmigung des Instituts für Ausgeflippten Landmaschinenbau der Universität Hohenlohe.
Die Flächenmethode ist ein elegantes Verfahren zur Ermittlung des Reaktionsergebnisses in Realen Reaktoren, von denen man das Verweilzeitspektrum (aus Experimenten) kennt.
Ich muß Ihnen ehrlich gestehen, eine formale
Herleitung der Flächenmethode kann ich Ihnen nicht bieten. Gott sei dank
merkt man, wenn man sich mit der Materie befasst, daß die Formel der
Methode eigentlich sehr plausibel ist. Sehen wir es uns eben einmal an und
haben wir ein Augenmerk für den Gültigkeitsbereich.
Die
Flächenmethode benützt die Formel:
Formel für die
Flächenmethode
Wie wir ekennen, benötigen
wir die chemische Reaktionskinetik: ci(t) und die
Verweilzeitinformation des Reaktors: w(t). Das Integral in der Formel legt die
Erwartung nahe, daß man mit einer Flächenintegration (vor allem
graphisch) die Lösung für die Konzentrationsabnahme im praktischen
Reaktionsapparat erhalten könnte, - und so ist es auch !! Die
Flächenmethode ist also die graphische Auswertung der obigen Formel, -
selbstverständlich wäre auch ebenso eine rein numerische Auswertung,
z.B. auf einem Computer, möglich. Die Methode erlaubt uns - wie gesagt -
das Reaktionsergebnis (erreichbarer Umsatz) in einem Realen Reaktor bei
bekannter Kinetik und ermittelter Verweilzeitkurve des Reaktors zu berechnen.
Der Vorteil der Methode ist, daß sie mit jedem Realen Reaktor
funktioniert, wenn nur dessen Verweilzeitspektrum bekannt ist.
Betrachten
wir die graphische Lösungsmethode :
Flächenmethode,
graphische Lösung
Für dei graphische Auswertung müssen wir korrespondierende Werte für c(t) und w(t) für gleiche Zeiten aufnehmen ( am besten gleich genormte Werte W(t): 0-1 und Ai/Ai0: 0-1 ). Diese Werte trägt man dann in einer neuen Graphik gegeneinander auf. Das Reaktionsergebnis ist dann die Fäche unter dieser Kurve. (Anm.: nicht die Rechteckfläche (!!!) in der Abbildung, diese soll nur beispielsmässig 2 korrespondierende Werte zeigen.)
Das scheint doch recht praktisch, oder ?
Ja, - aber, wenn 'alles so gut' ist, gibt es da sicher einen Wermutstropfen !!!
Wenn wir uns die Formel und damit die Methode plausibel
machen wollen, finden wir den Wermutstropfen. Wir können hin und her
überlegen wie wir wollen und kommen endlich zum Schluß, daß
die Formel nur plausibel wird, wenn wir annehmen, die Reaktionsmasse sei ein
segregiertes Fluid und nicht etwa molekulardispers. Lassen Sie mich das so
formulieren: die Bildung eines Integrals über die Produkte von
'individuellen' Konzentrationen und 'individuellen' Verweilzeiten geht ja nur,
wenn wir diese 'Individuen' unterscheiden (diskriminieren) können.
Für ein molekulardisperses Fluid geht das nicht. Auf der anderen Seite
können wir uns modellhaft vorstellen, wir hätten in einem
Segregierten Fluid einen 'Schwarm' mikroskopisch kleiner AIKs vorliegen, die
innerhalb des 'großen Reationsgefässes' keinen Stoffasutausch
untereinander haben. Das bedeutet dann ja, daß unsere Reaktion in jedem
Mikro-AIK einen individuellen Konzentrationsverlauf annimmt, der durch die
Reaktionskinetik gegeben ist. Jeder Mikro-AIK hat zugleich eine individuelle
Gesamt-Reaktionsdauer, die seiner Aufenthaltszeit im 'großen Reaktor'
entspricht. Die Summe (das Integral) über alle Mikro-AIKs ergibt das
Reaktionsergebnis. Das erscheint doch plausibel, oder ?
Da wir
uns die Flächenmethode nur für Segregierte Fluide plausibel machen
können, müssen wir auch annehmen, daß die Methode
strenggenommen nur unter dieser Voraussetzung gilt.
Deshalb müssen wir uns im folgenden Gedanken darüber machen, wie groß der Fehler sein wird, wenn wir die Methode bei Vorliegen eines molekulardispersen Reaktionsfluids anwenden. Gibt es riesige Unterschiede ?
Zur Genauigkeit, - und: 'der zweite Ordnung-Effekt'
Stellen Sie sich vor, wir würden eine einfache Reaktion A -> B in einem KIK durchführen, - denken Sie beispielsweise an die Zersetzung eines roten Farbstoffes. Zuerst soll ein molekulardisperses Reaktionsfluid vorliegen. Die Reaktionsgeschwindigkeit ist dann proportional zur sehr niedrigen 'Restkonzentration' an Farbstoff im Kessel sein. Die Raumzeitausbeute ist niedrig, größere Umsatzwerte können nur mit großen Raumzeiten erreicht werden. Das könnte ein wenig wie im folgenden dargestellt aussehen:
und, - wie gesagt: 'rein und runter'
Lassen Sie uns auf der anderen Seite ein segregiertes Fluid nehmen. Mit einem 'virtuellen Zoom' betrachtet könnte das ein wenig wie im folgenden Bild aussehen (wenn wir die Mikro-AIKs fiktiv vergrößern):
wenn Sie mit den Augen kneifen, daß das Bild etwas verschwimmt, sehen Sie, daß die Farbintensität etwas höher ist als im obigen Bild. Das bedeutet, wir haben im vorliegenden Fall eine etwas höhere Eduktkonzentration als treibende Kraft für die Reaktionsgeschwindigkeit.
Das bedeutet also, daß wir in segregierten Fluiden immer eine etwas höhere mittlere Triebkraft 'Eduktkonzentration' vorliegen haben als in molekulardispersen Fluiden. Das Reaktionsergebnis in segregierten Fluiden ist genauer gesagt bei positiven Reaktionsordnungen immer eine wenig besser und bei negativen Ordnungen ein wenig schlechter als dasjenige in molekulardispersen Systemen.
In der Praxis zeigt sich aber, daß der Fehler der hierbei gemacht wird, viel geringer ist als Fehler in der Ermittlung der Verweilzeit, - es werden Werte unter 10% erwähnt. Für Reaktionen von 1.Ordnung kann man in der Praxis die Unterschiede fast nicht bemerken, weil der mittlere Konzentrationseffekt nicht so groß ist. Nur für Reaktionen höherer ( vor allem 2.Ordnung !!) oder niederer Ordnung können größere Effekte auftreten und in der Praxis beobachtet werden. Es gibt dazu sogar Versuche mit Durchführung derselben Reaktion im molekulardispersen und im segregierten System.
So, lieber Leser, jetzt bin ich endgültig an einer Stelle angekommen, wo ich einfach mit meinem 'möglichst formelfrei-Prinzip' am Ende bin. Ich kapituliere!!!! Immerhin habe ich bis hierher (fast) durchgehalten, und Sie, die Sie bis hierher vorgedrungen sind, könnten ja trotzdem mal versuchen, weiterzumachen. Ich habe auch versucht, wenigstens einige Bildchen zur Erklärung hinzuzufügen. |
Warum ist die Wärmebilanz in Reaktoren so wichtig
für die Chemische Reaktionstechnik ?
Wenn der Reaktionsmasse
Wärme zugeführt wird oder aus ihr abgezogen wird, ändert sich
die Temperatur. Da die Reaktionsgeschwindigkeit sehr stark von der Temperatur
abhängt (Arrhenius-Gleichung !!!), erhalten wir als Konsequenz eine
beträchtliche Änderung der Reaktionsgeschwindigkeit. Da
beispielsweise bei exothermen Reaktionen die produzierte Reaktionswärme
proportional zur Reaktionsgeschwindigkeit ist, erhalten wir für exotherme
Reaktionen im absatweisen Betrieb (batch) eine zunehmende
Reaktionswärme-Entwicklung. Dies führt wiederum zu einer
Temperaturerhöhung in der Reaktionsmasse, was wiederum zu .......Sie
merken: Stoff- und Wärmebilanz einer chemischen Reaktion, die in einem
Reaktor abläuft, sind miteinander verkoppelt, und eine simultane
Lösung beider Bilanzen zusammen könnte möglicherweise
kompliziert werden.
Aber lassen Sie uns zunächst einmal eine 'allgemeine Form' einer Wärmebilanz aufstellen ! In Analogie zur Stoffbilanz können wir schreiben:
'Beobachtbare' Wärmeänderung
(Potentialgröße Temperatur) durch 'Zufluß' zur oder 'Abfluß' aus der Reaktionsmasse = Instationärer Term |
= | Wärme, die dem Reaktor im Zustrom zugeführt wird ( 'Zulauf-Teil' des Konvektiven Terms) |
- |
Wärme, die dem Reaktor im Ablauf entnommen wird ( 'Ablauf-Teil' des Konvektiven Terms) |
+/- |
Wärme, die von der Chemischen Reaktion produziert oder verbraucht wird ( Reaktions- term) |
Wärme, die mit der Umgebung ausgetauscht wird, durch Wärmeübergang, Wärmeleitung und Strahlunswärme, - normalerweise durch Wärmetransport durch der Reaktorwände |
Term I = Instationärer Term (oder auch 'Beobachtungsterm' ) | Term IIa = Zulauf-Teil des Konvektiven Terms ( IIa + IIb ) |
minus | Term IIb = Ablauf-Teil des Konvektiven Terms( IIa + IIb ) |
plus/minus | Term III = Reaktions- Term | Term IV = Austauschterm |
'allgemeine' Wärmebilanz ( in Textform)
und wenn wir das in Formeln umsetzen:
'allgemeine' Wärmebilanz in Termform
Legende: Q = Wärme, T = Temperatur, t = Zeit, m = Masse (z.B. kg) , m(Punkt) = Massenstrom (z.B. kg/sec), cp = specifische Wärme, V = Reak-tions(-tor) Volumen, r = Reaktionsgeschwindigkeit (konzentrationsabhängig), ΔHR = Reactionsenthalpie, kw = Wärmedurchgangskoeffizient, A = Austauschfläche (Reaktorwände), Tw = mittlere Zulauftemperatur des Tauscherfluids (Wärmeträger, Kälteflüssigkeit). |
Lassen Sie uns nun in Analogie zur Stoffbilanz für unsere verschiedenen Reaktortypen die verschiedenen Wärmebilanzen aufstellen. Zunächst müssen wir aber die verschiedenen thermischen Betriebsweisen in der Reaktionstechnik vorstellen !
Chemische Reaktoren können in folgenden thermischen Betriebsweisen gefahren werden:
Was bedeutet das ?
adiabatisch bedeutet, daß es keinen Wärmetausch mit der Umgebung gibt. Aber im Gegensatz zur 'rein physikalischen' Definition von adiabatisch, - ein Zustand, der in der Reaktionstechnik nur im adiabatischen AIK realisierbar ist - bedeutet adiabatisch in der Reaktionstechnik 'ohne Wärmeübertragung über den Austauschterm', - wohingegen ein Wärmetransport über den Konvektiven Term erlaubt sein soll. Dies erfolgt aus praktischen Gesichtspunkten und ist in der Augen der 'sauberen Physik' etwas willkürlich. Für Puristen zum Trost: der adiabatische AIK stellt - wie bereits erwähnt - ein echtes adiabatisches System dar: But as mentioned, realize that the adiabtic STR exhibits a really adiabatic system: 'ein Pot mit beispielsweise einer Styropor-Umantelung als Isolation' = ein (beinahe) vollständig geschlossenes System !!!
Manchmal werden die beiden anderen thermischen
Betriebsweisen unter dem Begriff 'nichtadiabatische Betriebsweisen'
zusammengefasst !! Ihre gemeinsame Eigenschaft ist, daß sie
Wärmeaustausch mit der Umgebung beinhalten.Isotherm
bedeutet, daß die Wärmeflüsse derart bewerkstelligt werden,
daß die Reaktionsmasse auf einer konstanten Temperatur gehalten wird.
Dies kann durch eine externe Regelung erreicht werden oder durch einen
Automatismus in der Prozeßführung, wenn z.B. in einem
stationären Zustand die erzeugte Reaktionswärme genau passend durch
die Konvektion abgezogen wird. Die polytrope Betriebsweise ist
etwas vielseitiger als die isotherme. Polytrop bedeutet, daß die
Temperatur der Reaktionsmasse über Raum und Zeit betrachtet einer Art
Programm folgt. Der Bedarf an 'Regelungspower' eines solchen Systems ist
natürlich ziemlich groß und es ist erstaunlich, daß es gerade
hier doch auch einige Möglichkeiten von Automatismen ohne Erfordernis
einer externe Regelung gibt, - man trifft das z.B. bei einer autothermen
Führung in Rohrreaktoren an, wo die zulaufende Reaktionsmischung in
einem konzentrischen Gegenstrom-Doppelrohrwärmetauscher von der
ablaufenden Reaktionsmasse erwärmt wird.
Hier eine Übersichtstabelle für die 3 Betriebsweisen:
Betrieb | Charakteristik | Probleme | Vorteile |
isotherm | die Reaktionsmasse wird zwangsläufig auf eine konstante Temperatur gehalten durch Wärmetausch oder Konvektion | schwierig zu regeln (Anm.: denken Sie z.B. an die 'Parametrische Empfindlichkeit in Rohrreaktoren', siehe Lit. /3/) | einfache Reaktor-Auslegung |
adiabatisch | kein Wärmetausch mit der Umgebung, Wärme kann in kontinuierlichen Reaktoren nur durch die Konvektion abgezogen werden | die Wärmeentwicklung kann leicht zu hoch
geraten Reaktor-Auslegung etwas schwieriger |
keine aufwendige Regelung, höchsten 'Notabschaltung' |
polytrop | 'Fahren' einer Art 'Temperatur-Programms' mithilfe von Regelungen oder autothermer Prozeßführung | schwierige Reaktor-Auslegung und regeltschnisch eventuell aufwendig | 'saubere zonale Führung' der Reaktion |
As an additional information on the various forms of heat balances for our reactors take a blackboard sketch .
Legende: UA = Umsatz der Bezugskomponente, ΔHR = Reaktions enthalpie, T = Endtemperatur, T0 = Starttemperatur, cp = specifische Wärme, ρ = Dichte, cA,0 = Anfangskonzentration |
Hiermit haben wir die Grundsteine für das folgende Kapitel gelegt.
und so geht's weiter :
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Bei der adiabatischen Reaktionsführung gilt - wie
bereits erwähnt - die lineare Abhängigkeit der adiabatischen
Temperaturerhöhung vom Umsatz für alle Reaktortypen. Wir können
deshalb für alle Reaktortypen einen linearen Graphen der Reaktortemperatur
in Abhängigkeit vom Umsatz anlegen, dabei liegt die Start-TemperaturIt
T0 auf dem Y-Achsen-Abschnitt (T- Achse!). Wenn wir in den selben
Graphen mit einer zusätzlichen Y-Achse für die 1/r - Funktion den
Plot 1/r(U,T) = f(U) einzeichnen, hier - wie bereits erwähnt -
für r(U,T), - dann können wir unsere Raumzeit im 1/r - Plot in
gleicher Weise wie im Falle der Stoffbilanz für isotherme Reaktionen
alleine ermitteln. Wir müssen für die 1/r(U,T) - Kurve nur bestimmte
U-Werte suchen, ihre zugehörigen T-Werte aus der Geraden entnehmen und mit
ihrer Hilfe den zugehörigen k-Wert berechnen ( Arrhenius!!). Aus dem
k-Wert berechnen wir dann schließlich den Wert für die
Reaktionsgeschwindigkeit r. Für eine Reaktion 1. Ordnung wäre das
z.B. r = k(T)*CA,0*(1-U).
sehen wir uns solch einen Graphen
für eine irreversible exotherme Reaktion erster Ordnung
an:
die Daten: k = 0.2283 exp(-3450/T) 1/sec, CA,0 = 1500 mol/m3, delta Tad= 95 K, T0= 293 K
Wirklich auffallend und interessant ist hier der im ersten Umsatzbereich fallende Zweig der 1/r-Kurve. Da ja die Raumzeit für nicht-rückvermischte Reaktoren das Integral für die Fläche unter der Kurve ist, müssen wir realisieren, daß im vorliegenden Fall diese Reaktoren in diesem Bereich nicht so gut sind wie der KIK (Rechteckfläche !!). Bis etwa 75% Umsatz ist der KIK besser (siehe 'blaues' Rechteck). Die beste Lösung wäre hier wieder - wie bei der Autokatalytischen Reaktion - eine Reaktorschaltung. Wir haben also ein weiteres Beispiel, bei dem die reine umsatzorientierte Optimierung (mit Verwendung nicht-rückvermischter Reaktoren) nicht von Vorteil ist.
----- 15.03.06
Fortsetzung folgt !!
Bitte teilen Sie mir mit, wenn ein Interesse am vorliegenden Stoff besteht ! Ganz toll wäre auch, wenn ich auf Fehler aufmerksam gemacht würde.